• 07.12.2021
      00:35 Uhr
      Vom Planeten der Menschen Frankreich/Italien/Belgien 2021 | arte
       

      Eine dokumentarische Fabel und zwei Erzählstränge: eine Villa hoch über dem Meer, nahe der französisch-italienischen Grenze. In den 20er Jahren forschte hier ein weltweit renommierter Chirurg an Verjüngungstherapien: Serge Voronoff. Heute verläuft oberhalb der Villa ein schmaler Pfad, über den Geflüchtete die Grenze zu überqueren versuchen. Eine Geschichte aus der Gegenwart, wie von einem anderen Stern betrachtet: die Geschichte vom Planeten der Menschen.
      Der Dokumentarfilm von Giovanni Cioni hatte auf dem 73. Filmfestival von Locarno im August 2021 Premiere.

      Nacht von Montag auf Dienstag, 07.12.21
      00:35 - 02:00 Uhr (85 Min.)
      85 Min.
      Stereo

      Eine dokumentarische Fabel und zwei Erzählstränge: eine Villa hoch über dem Meer, nahe der französisch-italienischen Grenze. In den 20er Jahren forschte hier ein weltweit renommierter Chirurg an Verjüngungstherapien: Serge Voronoff. Heute verläuft oberhalb der Villa ein schmaler Pfad, über den Geflüchtete die Grenze zu überqueren versuchen. Eine Geschichte aus der Gegenwart, wie von einem anderen Stern betrachtet: die Geschichte vom Planeten der Menschen.
      Der Dokumentarfilm von Giovanni Cioni hatte auf dem 73. Filmfestival von Locarno im August 2021 Premiere.

       

      Stab und Besetzung

      Regie Giovanni Cioni

      Der Dokumentarfilm beginnt in der Stille an der französisch-italienischen Grenze in Ventimiglia, an einer Grenze, an der Tausende Geflüchtete gestoppt werden und von der man nicht mehr spricht. Dieses Schweigen ist besonders schlimm: als ob nichts geschehen wäre und nichts geschieht.

      Der Dokumentarfilm, der als Erkundung vor Ort beginnt, entwickelt sich zu einer fantastischen Fabel, die von einem Chor von Fröschen erzählt wird.

      Die Fabel handelt von einem Wissenschaftler, der zur „Revitalisierung“ von alternden Körpern forschte. Eine Verjüngungstherapie. Diesen Dr. Voronoff gab es wirklich: In den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts war er ein weltweit renommierter Chirurg. Er forschte an Affenhoden; die Affenkäfige gibt es heute noch. Sein Name wurde im Pariser Kabarett Folies Bergères und beim Karneval in Rio besungen, er inspirierte Michail Bulgakow zur Erzählung "Hundeherz", und Mussolini träumte davon, Italien zu "voronoffisieren".

      Dann kam das Vergessen, als hätte er nie gelebt. Als wäre er eine Figur aus einem Fantasyfilm auf der Insel des Dr. Moreau. Seine Villa thront noch heute über der Grenze in einer Stille, in der kein Platz ist für Migranten - hier an der Riviera, dem wundervollen ewigen Ferienort. Wie in einer Fabel. Nichts ist geschehen, nichts geschieht.

      Märchen und Fabeln beginnen bekanntlich mit den Worten "Es war einmal". Das heißt, sie spielen in einer anderen Zeit. Diese Fabel ist eine Fabel der Gegenwart und sie erzählt von einem Frösche-Chor. Die Frösche sind überall, unsichtbar, fast unsterblich und man hört sie jede Nacht.

      "Vom Planet der Menschen" ist ein vielschichtiges filmisches Artefakt, das Zeit- und Raumgrenzen verschwimmen lässt. Durch den cleveren Zusammenschnitt aus Archivaufnahmen, Fantasyfilmen der 30er Jahre, aktuellen Nachrichtenbildern und Fotografien erscheint die heutige Zeit wie im Lichte einer anderen Epoche. Im Spiel mit Farbsättigung und Bildüberlagerungen verwandelt sich das charmante Rauschen der Super-8-Urlaubsvideos in das weiße Rauschen der Gegenwart. Indem er ihre Materialität betont, verweist Giovanni Cioni auf die Rolle von Bildern als lebendige Zeugnisse ihrer Zeit, als Spielbälle im Hin und Her von Erinnern und Vergessen.

      "Planet der Menschen" ist auch ein Film über den unsichtbaren Anderen; über all die Bilder, die man sieht, ohne sie wirklich wahrzunehmen. Ein Film über die Gegenwart, die man immer weniger versteht, während man in der endlosen Flut aus Livebildern vergebens nach Luft schnappt und sein langsames Abdriften aus der Realität gar nicht bemerkt.

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      Nacht von Montag auf Dienstag, 07.12.21
      00:35 - 02:00 Uhr (85 Min.)
      85 Min.
      Stereo

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