• 04.12.2021
      22:45 Uhr
      alpha-retro: Mit dem Rollstuhl nach Portugal (1977) ARD alpha
       

      Die Reise per Autostopp nach Lissabon der 24-jährigen Golda - seit 18 Jahren gelähmt und im Rollstuhl sitzend - wurde für das Fernsehteam nachvollzogen. Golda aus München erlebt mit ihrer portugiesischen Helferin Lulu auf dieser Reise trotz Mühen etliche Abenteuer.
      Der Film von Marc Delestre skizziert mit dokumentarischen Mitteln, wie Golda jenseits der üblichen Integration behinderter Menschen in unsere Gesellschaft ihr Leben eigenwillig, phantasievoll und ungewöhnlich zu gestalten versucht.

      Samstag, 04.12.21
      22:45 - 23:30 Uhr (45 Min.)
      45 Min.
      Stereo

      Die Reise per Autostopp nach Lissabon der 24-jährigen Golda - seit 18 Jahren gelähmt und im Rollstuhl sitzend - wurde für das Fernsehteam nachvollzogen. Golda aus München erlebt mit ihrer portugiesischen Helferin Lulu auf dieser Reise trotz Mühen etliche Abenteuer.
      Der Film von Marc Delestre skizziert mit dokumentarischen Mitteln, wie Golda jenseits der üblichen Integration behinderter Menschen in unsere Gesellschaft ihr Leben eigenwillig, phantasievoll und ungewöhnlich zu gestalten versucht.

       

      Mit sechs Jahren bekam die Münchnerin Golda Kinderlähmung, sie lag deswegen ein halbes Jahr im Krankenhaus Schwabing, dann ein knappes Jahr in der Schweiz und war danach fast sieben Jahre in der CSSR in einem Heim. In den 70er Jahren!

      Der linke Arm gehorcht ihr ein wenig, der rechte und die Beine überhaupt nicht. Golda erzählt dem Filmemacher aus ihrem Leben: Das ist der Off-Text zu diesem Film. Dazu gibt es Bilder aus ihrem Alltag in München und von einer Reise nach Portugal. Der Film kommt ohne Kommentar und Sprecher aus. Es spricht nur Golda selbst. Zu sehen gibt es tolle Aufnahmen aus dem München der siebziger Jahre: Ludwigstraße, Leopoldstraße und Schellingstraße mit Schelling-Salon und jeder Menge farbintensiver Autos, also nicht nur Autos in schwarz, weiß oder silber.

      Gold ist immer leicht Hippie-mäßig gekleidet. Als sie sich selbständig gemacht hatte, d. h. die Heime und Krankenhäuser verlassen hat, um in einer eigenen Wohnung zu leben, traute sie sich am Anfang nicht, „den Leuten ins Gesicht zu schauen. Weil das Mitleid, das die mir entgegengebracht haben, hat so wehgetan… Fast jeder, der mich sieht, hat Mitleid mit mir. Ich kann die Leute deswegen nicht alle umbringen. Ich find das eine beschissene Reaktion, aber was soll ich machen? Ich kann nicht allen Leuten erklären, wie die Sache ist oder wie ich sie sehe.“

      Aktuell bereitet sie sich gerade auf das Begabtenabitur vor, um später studieren zu können. Die elektrische Schreibmaschine(!) bedient sie mittels Stift, den sie Mund führt. Das Geld ist knapp, aber sie möchte so oft reisen, wie es geht. Sie möchte eine gute Ausbildung haben, um überhaupt die Chance zu haben, irgendwann etwas Sinnvolles tun zu können. Denn die Berufe, die für behinderte Menschen von unserer Gesellschaft zugelassen sind, erscheinen ihr nicht gerade attraktiv.

      Ihre Helferin ist Lulu, eine Portugiesin. Gemeinsam mit ihr besucht sie z.B. auch einen Boxkampf in der Münchner Olympiahalle. Wenn man genau hinsieht, stellt man fest, das ist der Kampf zwischen Muhamad Ali und dem Briten Richard Dunn im Mai 1976, den Ali in der 5. Runde durch technischen Knockout gewann. Es gibt sogar Ringaufnahmen zu sehen! Vor der Halle lässt sie sich mit einer Gruppe von Polizisten fotografieren, die dort für Ordnung sorgen.

      Da Lulu eines Tages ihre Eltern in Portugal besuchen möchte, aber das Geld knapp ist, trampt sie nach Portugal. Golda kommt trotz Verbot der eigenen Eltern mit, d.h. sie trampen zu zweit nach Portugal, Lulu auf eigenen Beinen, Golda im Rollstuhl. Diese Reise wird im Film noch einmal nachgestellt, denn bei der Originalreise im Jahr davor war die Kamera nicht mit dabei. Golda hatte da aber bereits Tramp-Erfahrung, war auch schon in die Schweiz getrampt.

      „Meine sehr starke Motivation ist, dass ich eben neugierig bin, dass ich einiges erleben möchte und dass ich raus möchte. Ich möchte nicht irgendwie in einem Klischee versumpfen so von wegen ‚armes behindertes Mädchen‘. Das passt mir nicht. Ich möchte nicht eines Tages, wenn ich 60 bin und kurz vorm Sterben bin, sagen müssen: ‚Ich hätte mit meinem Leben doch was anfangen können. Aber ich hab’s nicht getan, weil ich Angst hatte oder so.‘“.

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      Samstag, 04.12.21
      22:45 - 23:30 Uhr (45 Min.)
      45 Min.
      Stereo

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