• 06.07.2022
      22:45 Uhr
      Immobilienpoker Die dubiosen Geschäfte eines Wohnungskonzerns | rbb Fernsehen
       

      Deutschland braucht dringend mehr Wohnraum und zwar günstigen. Warum aber bleiben in deutschen Großstädten riesige Grundstücke in bester Lage unbebaut? Warum wird der Bau von Wohnungen wie in Berlin immer wieder angekündigt, aber nicht verwirklicht? Eine investigative Recherche über das Geschäftsgebaren eines großen deutschen Immobilienkonzerns.

      Mittwoch, 06.07.22
      22:45 - 23:30 Uhr (45 Min.)
      45 Min.
      VPS 22:20

      Deutschland braucht dringend mehr Wohnraum und zwar günstigen. Warum aber bleiben in deutschen Großstädten riesige Grundstücke in bester Lage unbebaut? Warum wird der Bau von Wohnungen wie in Berlin immer wieder angekündigt, aber nicht verwirklicht? Eine investigative Recherche über das Geschäftsgebaren eines großen deutschen Immobilienkonzerns.

       

      Warum bleiben trotz des Wohnungsmangels in vielen deutschen Städten riesige Grundstücke in bester Lage unbebaut? Warum wird der Bau von Wohnungen immer wieder angekündigt, aber nicht verwirklicht? Die preisgekrönten Autoren Michael Richter und Christoph Twickel gehen dem in ihrer investigativen Recherche nach. Sie sprechen mit Handwerkern, die auf horrenden Rechnungen sitzen bleiben, treffen Käufer, die jahrelang auf ihre Wohnungen warten und Kommunalpolitikerinnen und politiker, die scheinbar hilflos zuschauen.

      Der Verdacht: Hinter der schleppenden Bautätigkeit steckt ein System. Statt zu bauen, wird mit Grundstücken spekuliert. Doch wem nutzt das? Hat Deutschland nach Wirecard den nächsten milliardenschweren Euro Betrugsfall, diesmal in der Immobilienbranche? Beispiel Hamburg: Halb abgerissene Hallen, Schutthaufen, zwei Bagger, die nicht arbeiten: Auf dem Gelände der früheren Holsten Brauerei sollen 1.300 Wohnungen entstehen, mitten in einem begehrten Wohnviertel. Aber der Baubeginn ist seit Jahren überfällig. Das Grundstück ist zum Spekulationsobjekt verkommen: Seit 2016 hat es vier Mal die Besitzer gewechselt und jedes Mal wurde es teurer. Taxiert wurde das Holsten Areal ursprünglich mal auf 100 Millionen Euro, heute steht es mit 364 Millionen Euro in den Bilanzen des Immobilienkonzerns Adler Group. Das ist dreieinhalb Mal so viel wie der Schätzwert vor fünf Jahren.

      In anderen Großstädten gibt es ähnliche Fälle. Bei vielen der zeitweilig 47 Adler Projekten könnte das Unternehmen längst mit dem Bau beginnen, ob in Berlin, Düsseldorf oder Offenbach. Stattdessen verwittern die Bauruinen und die ausgehobenen Baugruben wuchern zu. Was steckt dahinter? Wer profitiert davon? Und wieso greift niemand ein? Drei Jahre lang hat der Journalist und ZEIT Autor Christoph Twickel zu der Geschichte recherchiert. Er hat dubiose Immobiliendeals und Übernahmen nachverfolgt, um das komplizierte Firmengeflecht rund um die Adler Group zu entwirren. Im Herbst 2021 traf er einen Whistleblower und kam so an brisante Konzernunterlagen. Kurz darauf tat sich Twickel mit Grimme Preisträger Michael Richter zusammen, um diesen Film zu machen.

      Aus einer Vielzahl von Indizien, Beweisen und Hintergrundinformationen setzen sie das Puzzle zusammen. Hat Deutschland nach Wirecard den nächsten milliardenschweren Euro Betrugsfall, diesmal in der Immobilienbranche? Der Verdacht: Die Adler Group und ihre Tochtergesellschaften verdienen ihr Geld womöglich nicht mit dem Bau von Immobilien, sondern durch Übernahmen, Fusionen und Verkäufen. So erweckt der Konzern den Eindruck, lukrative Projekte anzuschieben und schreibt sich wundersame Wertsteigerungen in die eigenen Bilanzen. Mit den aufgeblasenen Immobilienwerten hat sich Adler Milliarden Euro von Banken, Aktionären und Anleihekäufern zusammengeliehen, während auf den Baustellen kaum etwas passiert ist.

      Die Autoren treffen Betroffene, Expertinnen und Experten sowie einen Whistleblower. Deren Aussagen bestätigen den Verdacht, dass hinter der Adler Group eine Art Schneeballsystem steht. Lange bestritt das Management jedes Fehlverhalten. Vor zwei Monaten dann der Durchbruch: Ein Bericht der Wirtschaftsprüfer von KPMG erhärtet den Verdacht, dass ein dubioser Finanzmanager des Konzerns sich jahrelang bereichert hat. Mehrere Spitzenmanager mussten gehen, der Konzern steht am Abgrund. Und die dringend benötigten Wohnungen? Ein Baubeginn auf den vielen Adler Grundstücken scheint ungewisser denn je. Wer schützt die Menschen vor solchen Machenschaften? Die Politik steht der Finanz und Immobilienbranche oft machtlos gegenüber. Das war auch beim Holsten Areal so: Hamburgs damaliger Bürgermeister Olaf Scholz fädelte den Verkauf des Grundstücks ein – danach schien die Politik hilflos dabei zuzusehen, wie es zum Spekulationsobjekt wurde. Auch das Bundesbauministerium oder Aufsichtsbehörden wie die BaFin, die Bundesaufsicht für Finanzdienstleister, haben keine Antworten, wie die Dreharbeiten zu diesem Film zeigen.

      Film von Michael Richter und Christoph Twickel

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